Kampfkunst in Siam (Thailand), 1899

Neuerdings nehmen sogar die Vornehmen nach dem Vorbild des Königs, der bekanntlich vor kurzem erst die europäischen Länder besuchte, europäische Kultur an, und Volksspiele und Sports aller Art stehen bei den heiteren, stets zu Scherz und Kurzweil aufgelegten Siamesen seit alters her in Blüte. Zwei der beliebtesten dieser Volksspiele stellen die Bilder auf S. 125 dar, den Faustkampf und das Fechten mit Bambusstangen. Ersterer wird ganz ähnlich wie der englische Boxkampf nach feststehenden Regeln ausgefochten. Die mehr geschmeidigen als herkulischen Faustkämpfer tragen dabei gepolsterte Handschuhe an den Händen, damit keine Verletzungen vorkommen. Das rohe, einander die Gesichter zu blutigen Klumpen zerschlagende Boxen der Engländer kennt man nicht. Ebenso harmlos, wie der Faustkampf, nur als Spiel der Geschicklichkeit und Gewandtheit, verläuft das Fechten mit Bambusstangen. Die Kämpfer treten stets in Gruppen zu vier auf und kämpfen zwei gegen zwei. Die Sieger haben sich stets aufs Neue zu messen, bis zuletzt einer als Sieger über alle aus dem Kampfspiel hervorgeht. Die Zuschauer hocken während des Spiels, bei dem eine heimische Kapelle mit Trommeln, Pauke und Flöte anfeuernde Musik macht, rings auf dem Boden und verfolgen eifrig den Fortgang des Kampfes, wobei es an zahlreichen Wetten nicht fehlt, denn die Wettleidenschaft ist in Siam ebenso ausgebildet, wie in England und Amerika.

Biblio: “Volksspiele in Siam”. In: Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann. Heft 5. 1899, Ss. 125 (Abbild.), 128 (Text).

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