Die Herkunft des Saijutsu von Hama Higa

Anmerkung: Dies ist meine Übersetzung eines um 1970 von Taira Shinken verfassten Artikels, der in der erweiterten und verbesserten Ausgabe des Ryūkyū Kobudō Taikan (1997, S. 183-84, Hrsg. Inoue Kishō) posthum abgedruckt wurde. Obwohl die erwähnten Personen und Vorkommnisse alle historisch belegbar sind, fehlt bisher ein Nachweise für die Aufführung des Saijutsu.

The professional Go player Honinbo Dosaku (1645–1702), bearer of the 9th dan.

The professional Go player Honinbo Dosaku (1645–1702), bearer of the 9th dan.

08heute vor über 300 Jahren, am 17. Tag des 4. Monats Tenna 2 (1682), spielte der gelehrte Go-Spieler Hama Higa Pēchin eine Partie gegen den 4. Hon’inbō Dōsaku (1645-1702). Dōsaku trug den Ehrentitel Godokoro, der ihm vom Kommissar für Tempel und Schreine verliehen wurde, und damit war er die höchste Autorität auf diesem Gebiet. Auch war er der erste, der den Titel Gosei trug, d.h. der „Heilige des Go-Spiels“.

Vor der Zeit Dōsakus war der Spielstil im Go sozusagen „Streitprinzip.“ Erst Dōsaku erfand das Prinzip des Fuseki 布石, der strategischen Anordnung der Go-Steine. Dieses Prinzip verbreitet sich sehr schnell und in Ehrung seines Namens fast auf einen Schlag als Dōsaku-ryū bekannt. Im Gegensatz dazu bezeichnete man die althergebrachte, grobe Spielart des Go als Sanchi-ryū.

Ein Hauptgesandter während einer Edo-nobori (Bildrolle, ORJ).

Ein Hauptgesandter während einer Edo-nobori (Bildrolle, ORJ).

Als König Shō Tei von Ryūkyū von Dōsakus hervorragenden Fähigkeiten erfuhr, war sein Interesse geweckt. Bisher glaubte der König fest, dass China als Herkunftsland des Go die stärksten Spieler hätte. Im Jahr Tenna 2 (1682) dann schickte König Shō Tei eine Gesandtschaft nach Edo, um dem neuen Shōgun Tsunayoshi zu dessen Amtsnachfolge zu gratulieren. Solche Reisen wurden Edo-nobori genannt – nach Edo gehen – und von einem Glückwunschboten geleitet. Der Glückwunschbote dieser Reise war Nago Ōji Chōgen (Prinz Chōgen von Nago). König Shō Tei entschied sich, bei dieser Gelegenheit den jungen Hama Higa Pēchin mitnehmen zu lassen, der als bester Go-spieler von Ryūkyū galt.

Damals gab es eine strenge Vorschrift, wonach offizielle Go-Partien gegen den größten Meister von der Shōgunat-Regierung genehmigt werden mussten. Daher schickte Shō Tei eine Anfrage an das Shimazu-Lehen zwecks Vermittlung eines Spiels zwischen Dōsaku und Hama Higa Pēchin. Erst durch die Vermittlung von Mitsuhisa Shimazu, Feudalherr des Shimazu-Lehens, konnte das Spiel zwischen Dōsaku und Hama Higa Pēchin verwirklicht werden.

Junger Pechin während einer Edo-nobori (Bildrolle, ORJ).

Junger Pechin während einer Edo-nobori (Bildrolle, ORJ).

Während seiner Reise nach Edo führte Hama Higa Pēchin vor Shōgun Tokugawa Tsunayoshi als Darbietung eine besondere Spezialität aus Ryūkyū vor: Saijutsu-Kata. König Shō Tei ehrte diese Vorführung im Nachhinein mit dem Namen Sanchi-ryū – das heißt mit dem Namen der althergebrachten Spielart des Go nach dem „Streitprinzip“. Später wurde dieses unter dem Namen Hama Higa no Sai weitergegeben.

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